15.01.2020

SeLA hat in der Ausgabe 97/98 der Stadtgespräche Rostock einen Artikel zur aktuellen Diskussion rund um das Sexkaufverbot veröffentlicht.


Die Beratungsstelle für Menschen in der Sexarbeit** SeLA (Selbstbestimmt Leben und Arbeiten) berät, begleitet und unterstützt seit 5 Jahren Sexarbeiter*innen in Rostock. Seit September 2014 beschäftigen sich die Mitarbeiterinnen mit den gesetzlichen Regelungen rund um Prostitution/Sexkauf, um ihre Klient*innen professionell und akzeptierend zu beraten. Ebenfalls dazu gehört, aktuell gesellschaftspolitische Diskurse rund um das Sexarbeitsthema aufzunehmen und Klient*innen darüber zu informieren. Die Mitarbeiterinnen Nadine Herrmann und Sandra Kamitz sehen seit Beginn ihrer Beratungsarbeit eine große Kluft zwischen dem was politisch diskutiert bzw. umgesetzt wird und der Arbeits- und Lebensrealität ihrer Klient*innen. Diese Kluft kann nur durch einen Dialog mit in der Sexarbeit Tätigen aufgehoben werden.

Sexarbeit ist ein Tätigkeitsfeld, das im Fokus gesellschaftlicher Diskussionen steht. Das Thema berührt vor allem ganz private Bereiche wie Sexualität, Intimität sowie die sexuelle Selbstbestimmung. Sexarbeit stößt damit an individuelle und gemeinschaftliche Wert- und Normvorstellungen, die sich zunehmend in den kontroversen Diskussionen zu Sexarbeit widerspiegeln.

Sexarbeit war in der BRD bis Anfang des 21. Jh. sittenwidrig und fand hauptsächlich außerhalb gesellschaftlich organisierter Strukturen statt. Es handelte sich lange um ein traditionell extrem schwer zugängliches selbstorganisiertes überwiegend kriminelles Milieu. Ein derart geschlossenes Milieu beinhaltet nicht nur Gefahren wie Ausbeutung und Gewalt, sondern fördert auch eine nicht zu unterschätzende Identität als Gemeinschaft, welche Beteiligten Zusammenhalt und Sicherheit bieten kann. Hinzu kommen "zahlreiche, größtenteils subtile Mechanismen der Ausgrenzung in der öffentlichen Wahrnehmung" wie bspw. das Hurenstigma. Sexarbeit wird als "ein Feld des 'Anderen' und des 'Anormalen' (re)produziert". (Löw, Martina & Ruhne Renate: "Prostitution. Herstellungsweisen einer anderen Welt") Berlin 2011, S. 11 Tabuisierung von Sexarbeit hat neben Mythen und Klischees vor allem signifikante Folgen für die Dienstleister*innen. Die gegenwärtige Ambivalenz zwischen Legalisierung, Liberalisierung und gesellschaftlicher Tabuisierung von Sexarbeit produziert insgesamt ein hochsensibles soziales Feld, das politisch, moralisch und juristisch je nach Fokus zur Durchsetzung verschiedener Meinungen benutzt werden kann. Mitunter gerade deshalb, weil Sexarbeiter*innen aufgrund ihrer Angst vor Stigmatisierung und Diskriminierung sich selten selbst zu Wort melden. Grundsätzlich öffnet sich der Blick auf Sexarbeit vor allem in den Medien. Gesellschaftspolitische Diskurse tragen heute zwar mehr zur Akzeptanz sexueller Dienstleistungen bei, polarisieren aber auch stark zwischen der 'armen ausgebeuteten Migrant*in' und den 'selbstbestimmten Escorts'. Irgendwo dazwischen im großen Graubereich arbeiten viele Männer, Frauen und Trans*personen in der Sexarbeit für ihr Einkommen mit allen Höhen und Tiefen, die Lohnarbeitende generell betreffen.

Seit 2002 ist Sexarbeit in der BRD nicht mehr sittenwidrig. Mit einer Selbstständigkeit kann jede Person sexuelle Dienstleistungen anbieten in Privatwohnungen, Hotels oder anderen dafür angemeldeten Betriebsstätten wie Nachtclubs, Bordellen, Wohnmobilen etc.. Mit Inkrafttreten des ProstituiertenSchutzGesetz (ProstSchG www.gesetze-im-internet.de/prostschg/BJNR237210016.html) am 1. Juli 2017 wurden spezielle Regelungen für Menschen, die als Sexarbeiter*innen tätig sind oder es werden wollen, umgesetzt. Nach ProstSchutzG müssen sich die Tätigen registrieren und beraten lassen. Die Betriebsstätten unterliegen ebenfalls einer Anmelde- und Erlaubnispflicht. Diese werden durch zuständige Behörden regelmäßig kontrolliert. (Vgl. Nadine Herrmann & Sandra Kamitz "Beratung von Sexarbeiter*innen im Zeichen des neuen Prostituiertenschutzgesetzes" in Teichert (HG); Das Prostituiertenschutzgesetz, Implementierung-Problematisierung-Sensibilisierung; Leipziger Universitätsverlag 2018, S. 167-177)

 

Beratung für Sexarbeiter*innen

Seit 2014 berät und begleitet SeLA - Beratungsstelle für Menschen in der Sexarbeit - parteilich und anonym unterstützungssuchende Sexarbeiter*innen in Rostock. Unter der Trägerschaft von Frauen helfen Frauen e.V. steht für SeLA die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Sexarbeiter*innen im Fokus der Beratungsarbeit. Die beiden Beraterinnen suchen regelmäßig Prostitutionsstätten in Rostock auf um dort direkt mit den anwesenden Sexarbeiter*innen zu reden. Mittlerweile kommen viele von ihnen in die Beratungsstelle in die Doberaner Straße 7 in der KTV, um sich zu verschiedenen Themen beraten zu lassen. Hierzu gehören vorwiegend Fragen zur rechtlichen Situation rund um das ProstSchG, Gesundheit, Familie, Schulden, Gewerbeanmeldungen u.a.. Häufig sind die Anliegen sehr komplex und mit hohen Sprachbarrieren verbunden. Durch die Angst vor Stigmatisierung outen sich viele Klient*innen nicht im Freundes- oder Familienkreis. Für sie sind, neben Kolleg*innen, Beratungsstellen der einzige Raum, um unverblümt über ihre Tätigkeit zu sprechen.

Als Beratungsstelle hat sich SeLA bewusst für den Begriff 'Sexarbeit' entschieden, weil hauptsächlich Personen unterstützt werden, die sich für diese Tätigkeit entschieden haben. Die Beraterinnen stellen die Entscheidung der Unterstützungsuchenden nicht infrage, sondern konzentrieren sich auf die Anliegen/Bedarfe mit denen Menschen zur Beratung kommen. Akzeptierende Unterstützungsangebote für Sexarbeiter*innen haben ihre Tradition in der Hurenbewegung der 1970er Jahre. Berater*innen, die einst selbst in der Sexarbeit tätig waren, brachten die notwendige Parteilichkeit, Szenekenntnis und damit eine Vertrauensbasis in die Beratung. Dadurch wurde der Zugang für Sozialarbeiter*innen zum Milieu geöffnet. Die Angebote sind in den letzten vier Jahrzehnten professionalisiert worden. Die Beratungslandschaft hat sich bis heute zwar erweitert, deckt jedoch nicht annähernd die bundesweit vorhandenen Bedarfe. Besonders im Hinblick auf die gesetzlichen Neuregelungen zum ProstSchG 2017, die langfristig erhöhten Beratungs- und Begleitungsaufwand erfordern, wird das bestehende oft unterfinanzierte Angebot als nicht ausreichend sichtbar. SeLA ist derzeit das einzige Angebot speziell für Sexarbeiter*innen in Mecklenburg-Vorpommern und nur für Rostock zuständig.

SeLA grenzt sich klar davon ab, einen Überblick über das gesamte Feld 'Sexarbeit' zu geben. Menschen, die hier Unterstützung suchen, machen nur einen Teil der Sexarbeit in der BRD aus. Dieser Bereich ist am Häufigsten in der Öffentlichkeit als prekär präsent, sollte jedoch keine Schlussfolgerung auf alle tätigen Sexarbeiter*innen zulassen.

 

Arbeitsmigration in der öffentlich sichtbaren Sexarbeit

Als Beratungsstelle ist SeLA hauptsächlich im öffentlich sichtbaren Bereich der Rostocker Sexarbeit tätig. Dazu gehören etwa 45 Modellwohnungen, das ErosCenter und der Nachtclub Refleur. Wir gehen davon aus, dass dieser Bereich nur etwa 33% der gesamten Sexarbeit in Rostock ausmacht. Zur nicht öffentlich sichtbaren Sexarbeit haben wir einige wenige Kontakte. Dort sind überwiegend Frauen, Männer und Trans*Personen tätig, die in Privatwohnungen, Hotels o.A. ihre sexuellen Dienstleistungen anbieten, kaum Sprachbarrieren aufweisen und einen regulären Wohnsitz in der BRD haben. Die Anbahnungen finden auf Internetplattformen wie kaufmich.com, markt.de, rotlicht.de, sexnord.de oder ladies.de statt.

Die Mehrheit der bei SeLA Unterstützungssuchenden gehören zu den 33% Sexarbeitenden aus den Modellwohnungen. Etwa 80% kommen aus Osteuropa, Spanien oder Thailand. Die meisten haben keinen Wohnsitz in der BRD und arbeiten wochenweise in Rostock, in anderen Städten in M-V bzw. im ganzen Bundesgebiet. Die gesetzliche Auflage einer Zustellanschrift erfüllen alle Klient*innen. Diese wird ihnen von SeLA, anderen Einrichtungen, Privatpersonen oder Unternehmen zur Verfügung gestellt.

Aufgrund von Sprachbarrieren die bürokratische Organisation rund um die Selbständigkeit in der BRD betreffend, suchen Sexarbeiter*innen den ersten Kontakt zu SeLA. Weitere Bedarfe werden häufig in kommenden Beratungs- und Begleitsituationen sichtbar. Vielen Klient*innen wurden wir auch empfohlen als professionelle Beratungseinrichtung und Anlaufstelle.

 

Feministische Diskurse

In der feministischen Debatte um Sexarbeit spiegeln sich die gesellschaftlichen Ambivalenzen des Diskurses über Sexarbeit rigoros wieder. Während sich abolitionistische Feminist*innen für ein Sexkaufverbot und die Freierbestrafung (auch Nordisches bzw. Schwedisches Modell genannt) einsetzen, bekennen sich feministische Sexarbeitsbefürworter*innen zur Vielfalt von Sexualität, zur sexuellen Selbstbestimmung und gegen die pauschale Victimisierung aller Frauen, die in der Sexarbeit tätig sind. Nicht nur Frauen verdienen mit Sexarbeit Geld, es sind eben auch Männer und Trans*-Personen Sexdienstleister*innen. Als bekennend feministische Beraterinnen sehen wir es auch als unsere Aufgabe, die vulnerable Gruppe unserer Klient*innen im Diskurs zu unterstützen.

 

Wen schützt ein Sexkaufverbot?

In Schweden wurde Sexkauf bereits 1999 gesetzlich verboten. Es folgten Norwegen und Finnland, später Irland und 2016 Frankreich. Das Modell wird als nordisches bzw. schwedisches Modell bezeichnet, da es durch drei skandinavische Staaten als erstes umgesetzt wurde. Allerdings sind die gesetzlichen Regelungen sehr unterschiedlich. In Schweden werden seit 20 Jahren Freier/Kund*innen/Gäste mit Geldbußen und Freiheitsentzug bis zu sechs Monaten bestraft. Zudem gilt das zur Verfügungstellen von Wohnungen, Häusern, Stellplätzen etc. zum Zwecke der Sexarbeit als Zuhälterei/Kupplerei und ist ebenfalls strafbar. Sexarbeiter*innen hingegen sollen strafrechtlich nicht verfolgt werden. Vor Inkrafttreten des Sexkaufverbots in Schweden wurde betont, dass "soziale Maßnahmen das wichtigste Werkzeug gegen die Prostitution" seien. Es gibt jedoch weder rechtliche Bestimmungen noch zweckgebundene Gelder für Prostitutionsberatungen. Drei staatliche Beratungsangebote in Stockholm, Malmö und Göteborg, angegliedert an Sozialämter bieten Sexarbeiter*innen vornehmlich Ausstiegshilfe und Therapie an.

Die begrenzte Datenlage vor und nach Inkrafttreten des Sexkaufverbotes in Schweden lässt laut Dodillet und Östergren (2012) keine zuverlässigen Schlüsse zu, ob Sexarbeit in Schweden zurückgegangen ist oder sich nur in unsichtbare Räume wie beispielsweise das Internet zurückgezogen hat.(Vgl. Dodillet, Susanne; Östergren, Petra: "Das schwedische Sexkaufverbot. Beanspruchte Erfolge und dokumentierte Affekte." VÖ in Greif, Elisabeth (HG): SexWorks verbieten - erlauben-schützen? Linzer Schriften zur Frauenforschung 51, 2012, S. 67-110) Nach aktuellen Aussagen der schwedischen Mitarbeiterin des Sozialdienstes Sofie Lidbeck habe sich Straßenprostitution halbiert. Im Gegensatz dazu haben sich Internetangebote vervielfacht "von rund 300 im Jahr 2006 auf knapp 7000 im Jahr 2014". (Vgl. Reith, Victoria: "20 Jahre Sex-Kauf-Verbot in Schweden" www.deutschlandfunk.de/prostitution-20-jahre-sex-kauf-verbot-in-schweden.795.de.html 02.12.2019) Ähnliches gilt auch für andere Länder in denen Sexkauf verboten ist.

Dodillets und Östergrens Studie von 2012 kommt zu der Schlussfolgerung, dass zwei konträre Herangehensweisen sich nicht miteinander vereinbaren lassen. Der moralisch ideologische Diskurs zur Abschaffung der Prostition deckt sich nicht mit den wissenschaftlich empirischen Fakten. Eine fatale Folge des Diskurses ist die Verfestigung des Jahrhunderte alten Hurenstigmas, indem Vorstellungen von 'guter' und 'schlechter' Sexualität verbreitet werden. Politische Strategien sollten nach Dodillet und Östergren auf Wissen basieren und sich nicht an moralischen Bedenken orientieren.(Vgl. Dodillet, S.&Östergren) Die aktuelle 160seitige Studie aus Nordirland "Review of the criminalisation of paying for sexual services in Northern Irland" von Graham Ellison, Caoimhe Ní Dhónaill & Erin Early (Queens University of Belfast, September 2019) kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Rückzug der Angebote ins Internet, keine Verringerung von Sexkauf, schlechtere Möglichkeiten Menschenhandel zu verfolgen und vor allem leicht steigende Gewalt gegen Prostituierte.

Der für Sexarbeiter*innen negative Nebeneffekt ist, dass ihre Tätigkeit durch die Freierbestrafung ebenfalls stigmatisiert ist und zu Repression durch Strafverfolgungsbehörden führt. In Schweden darf Frauen, die in der Prostitution tätig sind, außerdem das Sorgerecht entzogen werden.

Die Debatte zur Einführung des Sexkaufverbot in der BRD wird derzeit parteiübergreifend und von Verbänden geführt. Die Effekte des Sexkaufsverbotes werden dabei leider nur verkürzt und in vielerlei Hinsicht mangelhaft dargestellt. Eine Evaluation des ProstSchG ist zudem erst 2022 vorgesehen, was bedeutet, dass derzeit noch niemand die möglichen Auswirkungen des jungen Gesetzes beurteilen kann. Als Beratungsstelle sieht SeLA in einem Sexkaufverbot vielmehr die Gefahr, dass Sexarbeiter*innen in die Dunkelheit verdrängt werden, was dem Schutzgedanken grundsätzlich widerspricht. Deswegen weist SeLA auf die Stellungnahmen verschiedener Bündnisse gegen den Sexkaufverbot hin. In der Stellungnahme des bundesweiten Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (BufaS e.V.), in dem SeLA auch Mitglied ist, heißt es: "Die Kriminalisierung von Kund*innen hat immer auch verheerende Folgen für die Sexarbeiter*innen selbst: Weder das Angebot, noch die Nachfrage nach Sexarbeit sinken durch ein Sexkaufverbot. Um ihre Kund*innen zu schützen, können Sexarbeiter*innen keine offenen, legalen Verhandlungen mehr führen, sondern müssen verdeckte Anbahnungswege finden. Dies verschiebt die Machtverhältnisse zwischen Sexarbeiter*innen und Kund*innen zum Nachteil der Sexarbeiter*innen. Insbesondere prekär arbeitende und lebende Menschen sind gezwungen, Schutz und Anbindung in den Strukturen zu suchen, die selbstbestimmte Arbeit verhindern und Abhängigkeitsverhältnisse fördern. Durch die Arbeit im Verborgenen steigt die Gefahr, von Ausbeutung und Gewalt betroffen zu werden. Gleichzeitig sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich erlebte Gewalt angezeigt wird."(http://www.bufas.net/stellungnahme-zu-den-politischen-forderungen-zur-einfuehrung-des-sexkaufverbots-in-deutschland/ 25.11.2019)

Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte kommt zu dem Schluss, dass ein Sexkaufverbot eine "Abkehr von der derzeitigen (entkriminalisierenden) Gesetzeslage bedeuten" würde, die vulnerable Gruppen in der Sexarbeit durch Regulierung und durch Strafverfolgung von Gewalt und Ausbeutung schützt. Dies muss unabhängig von der moralischen Bewertung von Prostitution gewährleistet werden. Dabei sei es wichtig sich auf die Bedingungen in der Sexarbeit zu konzentrieren und die autonome Entscheidung erwachsener Menschen für die Sexarbeit zu akzeptieren. Ein Verbot würde einfach nur "symbolisch bleiben" und vor allem den "Zugang zu Gesundheits- und Sozialberatung sowie zu Polizei und Justiz" erschweren. (https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/publikationen/show/prostitution-und-sexkaufverbot/ 03.12.2019)

Darauf, dass Sexarbeiter*innen nicht pauschal alle Opfer sind, weist der Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD e.V.) hin. Hier sprechen die wenigen organisierten Sexarbeiter*innen über Selbstbestimmung, die ihnen zu oft abgesprochen wird. Sexarbeit ist, konsensuell unter mündigen Erwachsenen, eine Dienstleistung anzubieten. "Nur Entstigmatisierung, Entkriminalisierung und die Möglichkeit weiterhin sichtbar und vernetzt zu agieren, sowie eine weitere Stärkung unserer Rechte gewähren uns eine sichere, würdige Basis."(https://berufsverband-sexarbeit.de/index.php/2019/11/22/fuer-frauenrechte-und-gegen-prostitution-warum-sexarbeit-nicht-mit-gewalt-gegen-frauen-gleichgesetzt-werden-kann/ 03.12.2019)

Die Beraterinnen von SeLA treffen in ihrer Arbeit viele unterschiedliche Sexarbeiter*innen. Nicht alle sind geoutet. Oftmals wissen Familie und Freunde nichts von der Tätigkeit. Die Angst vor Stigmatisierung, ungewolltem Outing und Diskriminierung ist für viele Sexarbeiter*innen der Grund, sich nicht für ihre Rechte einzusetzen bzw. sich zu engagieren. Einige von SeLAs Klient*innen mit hohen Sprachbarrieren haben lange gebraucht, um hier das geforderte bürokratische KnowHow rund um ihre Tätigkeit zu erwerben. Eine Stimme zu erheben und andere zu empowern ist mit vielen Hürden verbunden und häufig wollen Klient*innen überhaupt nicht mit ihren Kolleg*innen in Kontakt kommen.

Die Arbeit von SeLA orientiert sich an den Bedarfen der Menschen in der Sexarbeit, die in die Beratungsstelle kommen. Wir unterstützen Klient*innen besonders dadurch, dass wir ihre Entscheidung für die Tätigkeit respektieren. Außerdem sehen wir Sexarbeit als soziale Realität bundesweit, die mit einem Sexkaufverbot und der Freierbestrafung nicht verschwinden wird. Der Gefahr zunehmender Kriminalisierung, Stigmatisierung und Diskriminierung von Sexarbeiter*innen durch ein Verbot wollen wir entgegenwirken, in dem wir auf die möglichen Folgen aufmerksam machen. Das Sexkaufverbot schützt aus unserer Perspektive weder Betroffene von sexualisierter Gewalt und Menschenhandel. Im Gegenteil, die Entscheidungen zu politischen und rechtlichen Schritten in Richtung Sexkaufverbot würden die Arbeits- und Lebenssituationen von Sexarbeiter*innen sukzessive verschlechtern. SeLA rät dringend davon ab, in dieser Debatte von moralischen Motiven geleitet über die Vielfalt, die freie Berufsausübung und die sexuelle Selbstbestimmung von Menschen hinwegzugehen. Sexarbeiter*innen dürfen nicht entmündigt und zu Opfern erklärt werden.

Dringend sollte ein ausgebautes Beratungsnetz speziell für Sexarbeiter*innen in Mecklenburg-Vorpommern von der Politik unterstützt werden, damit Empowerment und Schutz zu realen Handlungen werden.

Sandra Kamitz

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